Jakobsmuscheln
Kaum 1 Prozent aller in Europa geernteten Jakobsmuscheln werden per Hand eingesammelt. Doch als Fischmanufaktur setzt Deutsche See natürlich auf Handarbeit, also auch auf diese besondere Art der Ernte. Üblicherweise wird Pecten jacobaeus mit Grundschleppnetzen oder Dreschen geerntet. Deren scharfkantige Unterseiten trennen nicht nur die Muscheln vom Meeresboden – sondern pflügen diesen regelrecht um und können dabei großen Schaden anrichten

Jakobsmuscheln im Shop
Nur in Norwegen, einem Land mit einer hoch entwickelten Fischindustrie, ist die Ernte durch Profitaucher mittlerweile weiter verbreitet. „Sie schont den Meeresboden und verhindert, dass Sandkörner ins Innere der Jakobsmuschel eindringen“, sagt Patric Lundevall. Allerdings ist die Handernte bei oft rauen Witterungsverhältnissen auch besonders anspruchsvoll. So wie an den schroff abfallenden Steilküsten und Fjordhängen von Hitra. Die Insel liegt rund 50 Kilometer westlich der norwegischen Stadt Trondheim im Europäischen Nordmeer. In Tiefen von 10 bis 30 Metern dringt während der sommerlichen Algenblüte kaum noch Tageslicht vor, anders als in wärmeren Ländern lassen sich Jakobsmuscheln hier ganzjährig ernten.

Eisige Wassertemperaturen
Nur mit klobigen Trockenanzügen können die Taucher ihrer Arbeit nachgehen, darunter tragen sie noch Hose und Pullover. Trotzdem fährt ihnen die extreme Kälte auf ihren eineinhalbstündigen Tauchgängen bis in die Knochen. Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften wird vor allem mit ausländischen Spezialisten gedeckt. Nur wenige Norweger können die benötigte Lizenz vorweisen. Und unter Industrietauchern aus aller Welt ist die Arbeit schon deshalb begehrt, weil sie einen vergleichsweise geregelten Berufsalltag garantiert: Viele der Männer haben vorher getrennt von ihren Familien auf Ölbohrplattformen und in der Tiefsee gearbeitet. Der Job, den sie hier erledigen, gilt allerdings als mindestens genauso hart. Wenn es das Wetter zulässt, fahren die Boote mit ihren drei bis fünf Mann Besatzung täglich raus. „Jeder Taucher übernimmt vier bis fünf Schichten pro Woche“, so Patric Lundevall, „und ist dabei rund 14 Stunden lang auf See.“ Wärme oder Schutz vor der Witterung bietet die fast 70 Jahre alte „Normann“ kaum. Durch Gewichte am Auftreiben gehindert, bewegen sie sich dann jeweils 90 Minuten lang wie Plattfische direkt über dem Meeresboden fort. Wenn ein Taucher seinen Korb gefüllt hat, verlädt er die Muscheln in Säcke, die er mit Luft aus der Sauerstoffflasche nach oben steigen lässt. Jeder Taucher unternimmt pro Schicht zwei Tauchgänge und betreut zwei weitere Einsätze eines Kollegen.

Erfahrene Taucher sammeln an guten Stellen zwischen 1.000 und 2.000 Jakobsmuscheln pro Tag. Das entspricht einem Gewicht von 200 bis 400 Kilo. An schlechten Tagen kommen auch Ernten von 100 Kilo oder weniger vor – und wirken sich dann direkt auf die Bezahlung der Männer aus. Bei aller Härte: Zeit zum Angeln nimmt sich die Besatzung immer. „Niemand würde hier ein Pausenbrot mit zur Arbeit bringen“, sagt Patric Lundevall. Die Taucher packen zu Hause nur etwas Speck und einen Grill ein. Den Rest ihres Mittagessens – frische Fische und Muscheln – liefert ihnen das Meer.
