Ganz schön Packtisch
Sie ist schon auf den Beinen, während die meisten Menschen noch in ihren Betten schlummern. Michaela Thinius, Versandleiterin in Bremerhaven, wacht bereits früh morgens über die Deutsche See-Lager im Fischereihafen in Bremerhaven. Hier werden die Fische und Meeresfrüchte, Feinkost und Spezialitäten, die zuvor in unseren Manufakturen in Handarbeit verarbeitet und verfeinert wurden, für den Versand vorbereitet – um sie schließlich sicher gekühlt, frisch und vor allem schnell per Kühlfahrzeug zu unseren Kunden zu bringen. Ein Job, der viel Sorgfalt, Erfahrung, Flexibilität und auch eine gewisse Fitness voraussetzt, weiß die 49-jährige Powerfrau aus Bremerhaven, die seit 22 Jahren zur Family of Fish gehört.
Caroline Doose-Bruns: Michaela, was ist dein Job bei Deutsche See?
Michaela Thinius: Ich bin Versandleiterin in Bremerhaven und zuständig für alle Lagerbereiche. Dazu zählen unter anderem unser Feinkostlager, das Tiefkühl- und Trockenlager, der Frischeversand, Räucherfischlager und natürlich das Lager für den Online-Shop. Verantwortlich bin ich ebenfalls für die Versandanlage und die Palettenwaschanlage … (lacht) ich hoffe, ich habe nichts vergessen, hast du noch Platz in deinem Artikel?
Wenn wir so weitermachen könnte es knapp werden. Aber ich verstehe nur Lager. Welche Aufgaben steuerst du als Versandleiterin?
Unter anderem die Koordination der Waren aus unseren Manufakturen, wo sie produziert und veredelt werden, hin zu den Lagerbereichen bis zur Versandanlage. So wird die Rampe genannt, an der die LKWs zur Verladung stehen. Von hier aus wird unsere Ware nach ganz Deutschland geschickt – erst in die Niederlassungen und dann weiter zum Kunden. Viel Luft bleibt da nicht, Timing ist alles. Denn bevor wir die Ware auf Reisen schicken, muss sie zunächst kommissioniert, verpackt, an die Rampe gefahren und verladen werden. Erst dann geht es in über 300 Kühlfahrzeugen weiter zu den Kunden – vom Gastronomen, über den Einzelhandel bis hin zu Kunden des Online-Shops. Das ist einmalig in Deutschland. Bei all dem verfolgen wir nur ein Ziel: die Ware pünktlich, sicher und gekühlt zum Kunden zu bringen.
Klingt nach einer sehr großen Herausforderung …
Ist es auch, aber genau darin liegt der Reiz. Du musst schnelle Entscheidungen treffen, flexibel sein und viel kommunizieren – mit der Manufaktur, mit dem Team, mit den Fahrern. Du musst immer auf dem Stand bleiben mit den Lagerplätzen, die Ein- und Auslistung der Ware im Blick haben und genau wissen, wie du sie von A nach B bekommst. Die große Herausforderung besteht darin, die gesamte Ware jeden Tag frisch und rechtzeitig im Lager zu haben, um sie für den Versand zu packen. Das setzt nicht nur einen sinnvollen Lageraufbau voraus, hier ist Teamarbeit gefragt. Jeder meldet an jeden. Du musst immer in Bewegung bleiben und alle arbeiten Hand in Hand.
Wenn so viel am Timing hängt, wann startest du in deinen Arbeitstag?
Mein Arbeitstag beginnt morgens um fünf Uhr. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen um sechs Uhr. In der Regel starten wir dann mit einer kurzen Besprechung. Anhand der Aufträge wissen wir bereits morgens, was gepackt werden muss.
Und was macht ihr, wenn ein Artikel mal nicht vorrätig ist?
Fisch ist ein Naturprodukt, da kann es durchaus vorkommen, dass wir ein Produkt gerade nicht anbieten können. Im Online-Shop haben wir für fast jeden Artikel ein Alternativprodukt. Diese Entscheidungen müssen gleich morgens fallen, sodass wir das entsprechende Produkt aus den verschiedenen Manufakturen oder Lagern rechtzeitig in das Online-Shop-Lager bekommen.
Im Gespräch mit ...
Michaela Thinius
Wie verläuft ein normaler Tag zwischen Kommissionierung und Versand? Was würde mich erwarten, wenn ich dir mal ein wenig über die Schulter schauen darf?
Kein Tag verläuft hier wie der andere (lacht). Aber ganz ehrlich, ich zeige dir alles und innerhalb von fünf Minuten kannst du bei mir loslegen. Denn wir haben unsere Lager mittlerweile von der Systematik gleich aufgebaut, ob Feinkost- oder Räucherfischlager, der Ablauf bleibt identisch. Der Scanner in deiner Hand zeigt dir nicht nur die Aufträge, er schickt dich auch von links nach rechts zum richtigen Lager, zum Stellplatz, zum Artikel. Alle Gänge sind durchnummeriert und beschriftet. Und solltest du doch mal falsch abbiegen, meldet dir das Gerät “nee, falscher Artikel”.
Das ist eine Menge Laufarbeit
Auf jeden Fall. Allein das Feinkostlager ist 100 Meter lang, das läufst du am Tag ein paar mal ab. Eine gewisse körperliche Fitness wird also vorausgesetzt, wenn du im Lager arbeitest. Gerade in den Hochphasen der Kommissionierung, im Oster- und Weihnachtsgeschäft, ist das ein ziemlicher Kraftakt. Dann musst du den Schalter umlegen und dich durch nichts mehr irritieren und stören lassen.
Das gilt wahrscheinlich auch für das Packen der Versandkartons für den Online-Shop?
Unbedingt. Denn an den Packtischen für den Online-Shop muss konzentriert gearbeitet werden. Das ist ein großer Aufwand, schließlich machen wir alles in Handarbeit. Frischfisch, Tiefkühlware, Gläser und Flaschen müssen vernünftig und
sicher in die Kartons verpackt werden. Anhand von bebilderten Anleitungen können unsere Mitarbeiter genau aufschlüsseln, wie die Produkte zu verpacken sind, welches Eis zum Einsatz kommt, Packpapier, Schutzfolie, welche Kartonage usw.
Und das Ergebnis kann ich wiederum bei unseren Fotoshootings für das FRISCHER-Magazin bestaunen. Fische, Meeresfrüchte und Krustentiere sind topfrisch und sicher verpackt … Das war ein langer Weg bis dahin und wir entwickeln und optimieren die Kartons immer weiter. In den Anfängen haben wir noch umständlich geklebt und gefaltet. Ich kam mir vor wie im Origamikurs (lacht). Dann mussten wir feststellen, dass die Kartons der Kälte nicht standhielten. Trocken- und Wassereis haben ihnen ordentlich zugesetzt, sie wurden weich und fielen in sich zusammen. Die Lösung war eine Beschichtung von außen. Vlies im Inneren sorgt ebenfalls dafür, dass die Kälte nicht entweichen kann.
Lager, Versand, Logistik – sind doch eher klassische Männerberufe, um jetzt mal in Schubladen zu denken. Wie nimmst du das wahr als Versandleiterin?
Keine Frage, das ist eine Männerdomäne. Wir haben nur eine Handvoll Frauen, die in unserem Bereich tätig sind. Aber das ändert sich gerade, im Online-Shop-Lager etwa gibt es mittlerweile auch viele Mitarbeiterinnen. Und das sorgt tatsächlich für Respekt und eine gewisse Höflichkeit (lacht). Als ich im Versand angefangen habe wurde man natürlich von den Kollegen beäugt, schafft die das? Der Druck ist hoch und der Ton im Hafen kann durchaus etwas rauer sein. Aber eben nie respektlos – und überhaupt, kann ich einen ganzen Stiefel ab.
Michaela, was schätzt du am meisten in deinem Job?
Es gibt so viel Abwechslung in meinem Beruf. Wir müssen auf alles vorbereitet sein, Verzögerungen, schlechtes Wetter, keine Anlandung – dadurch ist kein Tag wie der andere. Und du hast immer mit Menschen zu tun. Das liebe ich. Die Zeit vergeht hier wie im Flug.
Michaela, vielen Dank für das Gespräch