Know-How ist bunt
In unserer Manufaktur wird Vielfältigkeit großgeschrieben. Hier arbeiten Menschen aus mehr als 16 Nationen zusammen und tragen mit ihren speziellen Kenntnissen in Sachen Fisch entscheidend zu unserem Erfolg bei. Jeder Kollege bringt seine eigene Kultur und seine besondere Beziehung zu Fischen mit. Und jeder respektiert den anderen – das macht unser Team so besonders. Der Journalist Andreas Nölting hat unsere Manufaktur besucht und von der Logistik bis zum Feinfisch Kollegen aus aller Welt einen Tag lang über die Schulter geschaut.
Christian Roesner
Der Deutsch-Portugiese Christian Roesner ist der Joker der Fischmanufaktur. Der quirlige Mann hat schon in vielen Bereichen der Produktion gearbeitet, ist daher flexibel einsetzbar und sagt: „Wenn man die Karte zieht, bin ich sofort da.“ Momentan arbeitet Roesner im Tiefkühllager, kommissioniert die Bestellungen der Niederlassungen und braust mit Hubwagen oder Stapler durch die Hallen. Ein faszinierender Job, findet er: „Ich sehe hier seltene Fische aus Norwegen, Afrika oder Asien, die ich früher nicht kannte.“

Mit Fisch hatte Roesner schon als kleines Kind zu tun. Er stammt aus Mortosa, einem Fischerort an der portugiesischen Atlantikküste in der Nähe von Aveiro. Seine Eltern haben sich in Bremerhaven kennengelernt. Weil sie dort im Schichtbetrieb arbeiteten, kümmerte sich seine Oma in Mortosa zunächst um ihn. Sie nahm den kleinen Jungen mit auf den Markt zu den Händlern und bereitete den frischen Fisch danach gemeinsam mit ihm zu. Meistens gebraten. Die direkte Fischkultur hat Roesner geprägt. In Portugal esse man viel Fisch und wenig Fleisch, erzählt er. Eine Spezialität sei der Stockfisch. An gewaltigen Holzgestellen wird der gesalzene Fisch dann an der Schwanzflosse aufgehängt und trocknet in der Atlantik-Sonne.
Etwas Heimatgefühl erfährt Roesner auch in Bremerhaven: Viele Mitarbeiter bei Deutsche See stammen aus Aveiro. Mit drei Jahren kam Roesner zu seinen Eltern nach Bremerhaven und musste zunächst einmal Deutsch lernen. Nach der Schule arbeitete er auf großen Passagierschiffen als Heizungsbauer für die Meyer Werft in Papenburg. Auf den Rat seiner Mutter hin hat er sich dann bei Deutsche See beworben, wurde angenommen und ist nun seit neun Jahren im Unternehmen. Eine Entscheidung, die er nie bereute. Roesner sieht seinen Weg in der Fischmanufaktur längst nicht am Ende: „Ich will hier weiter aufsteigen.“
Elena Kirjuchin
Elena Kirjuchin kann sich noch gut an das Leben im fernen sibirischen Nowosibirsk erinnern. Sie arbeitete damals als Friseurin, hatte ein kleines Kind zu erziehen und empfand das Leben in Russland als recht schwierig. In den neunziger Jahren siedelte sie daher mit ihrer Familie nach Deutschland um und ihre Cousine gab den entscheidenden Tipp: eine Bewerbung bei Deutsche See. Probleme hatte Elena Kirjuchin anfangs nur mit der deutschen Sprache, die sie dann aber durch hartnäckiges Lernen schnell erlernte. Auch mitten in Sibirien kam Kirjuchin häufig mit Fisch in Kontakt.

Große Binnenseen bestimmten das Leben und die Fischer fingen Sibirische Plötze, Hecht, Barsch oder Karausche. Bei Deutsche See kümmert sich Kirjuchin um die optisch schöne Verpackung der Produkte. Der Fisch kommt auf eine Schale, wird eingeschweißt und etikettiert. In ihrer Abteilung arbeiten noch Portugiesen, Türken und Deutsche, alle verstehen sich gut. Schwierig wird es nur, wenn jeder in seiner eigenen Sprache kommuniziert.
Kunthida Jüstel
Schon früh hat Kunthida Jüstel gelernt, gekonnt mit Fisch umzugehen und aus ihnen Delikatessen zu kreieren. Für Thailänder ist Fisch eben ein Grundnahrungsmittel und ein wahres Lebenselixier. Kunthida Jüstel ist als kleines Kind immer wieder mit ihren Eltern auf den Markt gegangen, um dort bei den vielen Fischhändlern frische Ware einzukaufen – häufig Dorade oder Tilapia.

Inmitten der Verwandtschaft und der Nachbarn hat sie dann den Fisch gekocht oder frittiert und mit exotischen Gewürzen, Reis und Zutaten wie Bananen oder Mangos zubereitet. Kein Wunder also, dass Kunthida Jüstel bei Deutsche See in der Sushi-Produktion eingesetzt wird. Ihre flinken Finger sind für diese Arbeit wie gemacht. Und der Job bereitet ihr viel Spaß: „Ich fühle mich hier wie in einer großen Familie.“
Maria Martinez Cabaleiro
„Ich stamme aus einer überzeugten Fischfamilie,“ erzählt Maria Martinez Cabaleiro stolz. In der Tat. Mehr Bezug zum Meer geht kaum: Ihr Vater war Fischer, ihre Mutter arbeitete in einer kleinen Sardinenfabrik. Die fröhliche Südländerin kommt aus dem nordspanischen Vigo, einer der größten Hafenstädte Europas. Mit neun Jahren siedelte sie mit ihrer Familie dann nach Deutschland um. Doch Maria Martinez Cabaleiro entschied sich „durch einen dummen Zufall“ für einen Beruf, der so gar nichts mit ihrer Tradition zu tun hatte. Sie wurde Friseurin. Ihre Mutter allerdings, die im Fischereihafen arbeitete, wollte die Wahl nicht hinnehmen und überzeugte ihre Tochter, sich bei der Deutschen See zu bewerben („auch wegen des besseren Verdienstes“).

Seit 23 Jahren ist Maria Martinez Cabaleiro nun im Unternehmen und arbeitet als Maschinenführerin. Ihr Team ist sehr international, was der Spanierin besonders gefällt. Maria Martinez Cabaleiro hat einen deutschen Mann geheiratet. Gemeinsam haben sie eine Tochter und ein Haus in Bremerhaven. Doch ganz mag die Nordspanierin ihre Heimat nicht vergessen: „Wenn ich in Rente bin, möchte ich ein halbes Jahr in Spanien und ein halbes Jahr in Deutschland leben.“
Lamin Faburay
Der frühere Amateurboxer Lamin Faburay ist eine stattliche Erscheinung und er kann kräftig anpacken. Seit drei Jahren ist der Afrikaner bei Deutsche See, arbeitet als flexibel einsetzbarer Produktionshelfer. Trotz des frühen Beginns seiner Schicht ist Faburay mit Freude bei der Arbeit.

Der Afrikaner kommt aus Gambia und lebte dort mit seiner Familie am Meer. Sein Onkel arbeitete im Hafen und der junge Mann half beim Verkauf der Fische. In seiner Gegend gibt es etwa Tilapia, ein afrikanischer Buntbarsch, Zander und eine spezielle Art Lachs. Der Kopf gilt in Gambia als das Leckerste vom Fisch, erzählt Faburay. Die Afrikaner hätten eben ein viel vernünftigeres Verhältnis zu den Meerestieren als Deutsche, die sehr viel in den Müll schmissen. Wer in seiner Heimat die Portion Fisch nicht aufessen mag, der salzt die Reste ein und legt sie zum Trocknen in die Sonne. Am nächsten Tag kann dann das Mahl problemlos fortgesetzt werden. So hält sich der Fisch auch ohne Kühlung über einen Monat, erzählt der Afrikaner.
Faburay fühlt sich in Deutschland wohl und meist gut behandelt. Wie in allen Ländern gebe es nette und weniger nette Menschen, meint er. Mit Letzteren hat Faburay auch in Bremerhaven Bekanntschaft machen müssen. Als er morgens um vier mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr, wurde er aus einer Gruppe Deutscher mit einem Messer angegriffen. „Wegen meiner Hautfarbe“, sagt er. Doch die Angreifer hatten sich den Falschen herausgesucht. „Ich habe mich aufgeplustert und denen Angst eingejagt.“
Nelli Kramer
Ihr Heimatort Kisumu ist berühmt für den lokalen Fisch. Die Hafenstadt liegt im Nordosten des Viktoriasees und der ist voller Delikatessen. Besonders beliebt in Kenia ist der Tilapia-Fisch, ein afrikanischer Buntbarsch, der im Warmwasser lebt. Wie sehr die Afrikaner ihren Fisch mögen und welche Anerkennung sie den Tieren entgegenbringen, unterstreicht ein Sprichwort aus ihrer Heimat, erzählt Nelli Kramer: „Wenn Du viel Fisch isst, wirst Du sehr klug.“ Die Menschen glauben daran und essen daher immer den gesamten Fisch auf. „Wenn man einen ganzen Fisch auf einen Teller legt und ihn einem Kenianer gibt, liegen dort nach 15 Minuten nur noch Gräten“, lacht Nelli Kramer.

Die fröhliche Afrikanerin ist mit einem deutschen Mann verheiratet und seit vier Jahren in der Fischmanufaktur. Sie arbeitet in der Räucherei und verpackt Makrelenfilets oder Heilbutt mit viel Liebe. „Afrikaner können eben sehr gut pusseln“, beschreibt sie ihre besonderen Fähigkeiten. Zuweilen hilft die Kenianerin auch in der Abteilung Delikatessen aus. Dann sieht sie den Fisch aus Kisumu wieder und freut sich: „Wenn ich Tilapia in den Händen halte, bin ich sehr stolz auf meine Heimat.“
Renata Döscher
Das Leben ist ein Zufall. Diese Erfahrung machte Renata Döscher aus dem polnischen Olesno (ehemals Rosenberg). Ende der neunziger Jahre besuchte sie eine Freundin in Bremerhaven und wollte dort eigentlich für nur zwei Wochen Urlaub machen. Doch dann verliebte sich die Polin in einen Deutschen und war schon drei Monate später mit ihm verheiratet. In ihrer Nachbarschaft lebten Bekannte, die bei Deutsche See arbeiteten, und Renata Döscher war beeindruckt, dass diese immer pünktlich um 15 Uhr nach Hause kamen. Sie bewarb sich daher, wurde angenommen und ist nun seit 14 Jahren in der Fischmanufaktur.

Renata Döscher arbeitet in der Lachs-Abteilung der Heißräucherei. Sie bezeichnet sich als „Fischdesignerin“, weil sie den Lachs gekonnt zuschneidet, elegant portioniert und mit Creme sowie Gewürzen dekoriert. Sie habe ein glückliches Händchen für diese Tätigkeit, meint sie, weil sie schon immer gerne privat diverse Kuchen und Torten zubereitet und aufwendig dekoriert habe. Döscher gefällt an ihrer Arbeit zudem, dass sie in einem „Multi-Kulti-Team“ arbeitet und der Job abwechslungsreich ist. Nun hat sie ein Haus in Bremerhaven, einen deutschen Mann, der angelt, und möchte dauerhaft in Norddeutschland bleiben.
Mehmet Ömün
Mehmet Ömün ist seit 1999 bei Deutsche See und hat dort eine erstaunliche Karriere gemacht. Ömün arbeitete einst als Staplerfahrer und sah sich nicht gerade als Fischexperten schlechthin: „Ich konnte damals Wolfsbarsch und Forelle nicht unterscheiden.“ Dann begann er mit nur zwei weiteren Kollegen die Abteilung „Kommissionierung“ aufzubauen, die Jahr für Jahr größer wurde. Hier kam Ömün mit allen exotischen Fischen der Welt in Kontakt und wurde so zum absoluten Experten. Heute leitet er die Kommissionierung und 21 Mitarbeiter, die einen verantwortungsvollen und filigranen Job haben: Sie filetieren Lachs, Wolfsbarsch, Dorade oder Kabeljau zu kleinen, meisterhaften Portionen. Ihre Kreationen gehen auch an die Edelgastronomie oder Spitzenhotels wie das Grand Hyatt, das Mandala und das Waldorf Astoria. Die Kunden müssen kaum Hand anlegen, nur noch die Pakete öffnen, den Fisch gegebenenfalls marinieren und die Portionen liebevoll auf den Teller legen. Fertig.

Türken seien eigentlich keine ausgewiesenen Fischesser, erzählt Ömün – bis auf seine Landsleute, die am Schwarzen Meer leben. Sie werden wie in Deutschland „Fischköpfe“ genannt und ihnen sage man besondere Fähigkeiten nach. „Sie gelten als schlauer, weil sie Fisch mögen“, erzählt Ömün und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Die können besser denken als viele Döner-Esser.“ Ömün gefällt an seiner Arbeit besonders die Vielfalt der Nationen: „Das ist wie ein Gemüsesalat, jeder Kollege bringt Besonderheiten seiner Kultur mit.“